William und Kate haben gepimpert! Irgendwann im November, wahrscheinlich nicht das erste und wahrscheinlich auch nicht das letzte Mal. Kate war fruchtbar, Williams Spermien schlugen sich wacker durch ihre vaginalen Gefilde, ein Spermium fand eine Eizelle, die beiden verschmolzen, die Eizelle nistete sich in Kates fortan immer üppiger werdenden Leib ein und schwupps: Kate war geschwängert. Nach 9 Monaten also kam die Folge jenes ungeschützten Novemberaktes zur Welt. Kate gebar einen Sohn, der seit dem 22. Juli wahrscheinlich tatkräftig seine Windeln vollkackt. Die Verwandtschaft freut sich über jenes fürchterlich banales Familienglück und die ganze Welt ist scheinbar mit dabei.
Daß alte Omis in ihren Verwahrungsstätten, einsam vor dem Fernseher hockend, für diese Nachricht Interesse aufbringen, ist vielleicht noch erklärlich, fühlen sie sich doch dann in ihren Windeln nicht ganz so allein, daß auch Bildzeitungsleser mit augenscheinlich ähnlichen hirndegenerativen Erscheinungen wie Demenzkranke – schließlich wiederholen sich ja Bild-Nachrichten ständig: a hat abgespeckt, b wieder zugenommen, c hat geworfen, d ist auf Entzug etc. – eine Insel des Glücks bei den royalen Spießern ausmachen, ist ebenso verständlich, aber daß selbst für eigentlich solide geltende Medien jenes gähnend gewöhnliche Ereignis einen Nachrichtenwert ersten Ranges hatte, muß auf den ersten Blick erstaunen.
Tagesschau oder Deutschlandfunk fühlten sich bemüßigt die Schwangerschaft, die Geburt, das Geschlecht der Brut und dessen Namen nicht nur zu melden, sondern auch zu kommentieren. Bei D-Radio Wissen erörterte man gar die Frage, wann denn William seine Kate wieder bürsten dürfte, Hebammen und Gynäkologen wurden befragt. Einen genauen Zeitpunkt konnte man aber leider nicht benennen.
Der Deutschlandfunk kommentierte Kates Wurf als Garant für die Stabilität des britischen Königshauses, und bei tagesschau.de war die Geburt des neuen wie belanglanglosen Erdenbürgers Headline.
Der kritiklose und durchgehend euphorisierte Vermeldungswahn nahezu sämtlicher Medien in Großbritannien, Deutschland und der Welt eröffnet an diesem Unsinn Unbeteiligten Einsichten, die Aufschluß über weit mehr als nur über Williams erektile Potenz geben.
Ad 1 kolportieren diese unisono positiven Meldungen die Idylle kleinbürgerlichen Wertegefüges und dessen Gültigkeit selbst in Adels- und Hochadelskreisen. Sexuelle Freizügigkeit und Promiskuität erscheinen zwar möglich – wie etwa bei Prinz Harry – aber das wahre Glück läßt sich immer noch in der Spießigkeit der Paarbeziehung von Kate und William lokalisieren. Pimperei ist zwar ganz nett, aber ab und an sollte Williams Ejakulat nicht im Taschentuch, sondern auf einer Eizelle landen. Sex ist immer noch als familienbildende Maßnahme zu goutieren. Die Kirchen wird es freuen.
Ad 2 fundamentiert die öffentliche Glücksbeseelung natürlich auch den heute absurd erscheinenden Bestand des Königshauses und des Adels. Das britische Königshaus, die Queen und ihr familiäres Gefolge bedeuten schlicht schrullig tradierte Repräsentation und Geldverbrennung. Bei den Royals werden lustige Hüte getragen und Geld für Pferde verplempert. Sie wären bedeutungslos, hätte Gott ausnahmsweise Hirn über Britannien regnen lassen.
So dokumentiert sich allerdings ad 3 ein keineswegs subtiler Vorgang von Gleichschaltung, Sinnbehauptung und, qua medialer Omnipräsenz, normativer Repression. Das angebliche Glücksereignis der Geburt George Alexanders zeigt in seiner medialen Gestaltung einen mannigfachen Zuschreibungsakt von Sinn und Werten. Damit wurde schon das wenige Stunden alte Kind für die Konstituierung des Bestehenden instrumentalisiert. Eben die Gewöhnlichkeit seiner Geburt, die charakterliche Gewöhnlichkeit bei gleichzeitiger inszenierter Bedeutung und Prominenz seiner Eltern, seiner Großeltern und Urgroßeltern, lassen die eigene Gewöhnlichkeit, in der bisweilen an grauen Novembertagen fruchtbar gepimpert wird, sinnhaft erscheinen. George Alexander verdeckte für einen Moment alles, was den von seiner Geburt Beglückten zur Frustration dient. Die Feier der Geburt war die Feier der eigenen Banalität, die inszenierte Beglückung durch das angebliche Spiegelbild.
Die Belanglosigkeit seiner Geburt und das enorme Ausmaß ihrer Rezeption ist einmal mehr trauriger Ausweis okzidentaler Geistesverfassung. Kate und William haben nur gepimpert und verzückten die Welt.